Ein klassischer Fall von Demontage des Konstruierten. Zum letzten Mal, so erscheint es uns, wird in "Die Geburt der Nation" der Versuch unternommen, mit den Mitteln der von Griffith zu Biograph-Zeiten entwickelten Methoden den narrativen Zusammenhang einer filmischen Erzählung zu erzeugen. Ebenso lapidar fundamental wie von sanfter Ironie beseelt wird innerhalb von 25 Filmminuten der Aufbau und Zerfall einer Staatsgründung erzählt, den sich eine in die Wüste verschlagene Gruppe junger Menschen auferlegt. Vom Scheitern seiner Protagonisten ungetrübt, wendet sich der Film dann im zweiten Teil vehement der Analyse von Potenz und Konsequenzen seiner angewandten erzählerischen Mittel zu; vielleicht sogar um in der eigenen Versuchsanordnung das Analog zum behaupteten Scheitern ganzer Gesellschaften zu finden: Aus enttäuschten Projektionen wurden projizierte Enttäuschungen!
Wybornys meisterhaft inszenierte Selbstreflexion filmischer Mittel eröffnet programmatisch eine Diskussion über die Angemessenheit des Aufwandes, den ein repräsentativer Spielfilm meint, betreiben zu dürfen. Wyborny verwertet im zweiten Teil seines Films dessen Reste und extrahiert als Resultat den Differentialquotienten von Handlung: Bewegung bleibt als Ritze in der Zeit sichtbar, alles andere verwandelt sich in einen schwarzen Block.
- Heinz Emigholz, Arsenal Berlin, Programm Februar 1994